Digitalisierung in der Bildungsbranche
Fachlicher Diskurs mit dem Geschäftsführer der quatraCare Gesundheitsakademie Normen Niebuhr.
Was bedeutet für Sie Digitalisierung und wie setzen Sie wichtige Marker für Ihr Unternehmen?
Unser privater und beruflicher Alltag ist schon jetzt enorm stark von digitalen Abläufen geprägt. Der Übergang von der analogen in die digitale Welt bekommt täglich neue Aspekte. Kommunikation läuft mittlerweile parallel über verschieden Medien. In rasanter Geschwindigkeit erfolgen inhaltliche Abstimmungen im Team, mit Kooperationspartnern oder Teilnehmenden unserer Seminare und Kurse. Alle Abläufe sind verdichtet und gleichzeitig auch komplexer.
Ich setze mit meinen Führungskräften und Mitarbeitern regelmäßig neue Themen auf die Agenda – gemeinsam definieren wir Änderungsbedarfe und entscheiden die nächsten Schritte. Das betrifft innerbetriebliche Abläufe, vom Qualitätsmanagement über die Kursplanung zu Teilnehmerdatenbank und den Bedürfnissen unserer Mitmenschen. Dazu gehören auch Überlegungen zu digitalen Akquise-Instrumenten oder die Steuerung von Lern- und Bildungsdatenbanken. Vor allem aber die Auseinandersetzung mit der Fragestellung: Wie schaffen wir die digitale Transformation, was kommt in der Zukunft auf uns zu und wie können wir vernetzter denken und arbeiten.
Im Pflege- und Gesundheitssektor werden technische Innovationen sowie neue Dokumentations- und Kommunikationsmedien, Assistenzsysteme und Robotertechniken die Versorgung und Betreuung im erheblichen Umfang entlasten. Klassische Arbeitswelten der Gesundheitsbranche auf Basis mehrerer Handlungsoptionen müssen digital erprobt und begleitet werden. Vor allem werden wir es zulassen müssen, das Arbeits- und Tätigkeitsbereiche gänzlich aus unserem Alltag verschwinden werden. Die digitale Disruption wird neue Handlungsbereiche generieren und schneller denn je voranschreiten. Hierzu brauchen wir dringend eine Handlungsstrategie.
Ich denke, wesentlich dafür ist der Erwerb digitaler Kompetenzen bei den Beschäftigten im Pflegebereich. Sehr wichtig ist es dabei, die Bedürfnisse und Lernmöglichkeiten von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen frühzeitig einzubeziehen. Der innovative Ansatz besteht meiner Meinung nach darin, die technischen Herausforderungen eines Bildungsträgers mit den Bedürfnissen der Teilnehmenden und Lehrenden realistisch und zukunftsgerichtet zu integrieren.
Wie stellt sich die quatraCare auf, um für die Zukunft in Richtung Digitalisierung gut vorbereitet zu sein?
Die Zukunft ist bereits da! Ich habe einen Dreistufenplan im Kopf. Ich schaue mir die kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Ziele an. Die Vernetzung und Erzeugung zur Bereitschaft mit branchenübergreifenden Akteuren zusammenzuarbeiten, Ideen auszutauschen und digitale Disruption zu zulassen. Um zukunftsfähig zu bleiben, werden wir vermehrt in die Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren. Die Anpassung und Änderung von IT Strukturen wird essentiell sein.
Der Kunde und Teilnehmende muss verstärkt in den Mittelpunkt gerückt werden, dabei werden neue Geschäftsmodelle entwickelt und erprobt. Langfristig wird das Thema Digitalisierung noch viele neue Aspekte und Bedarfe bekommen. Für die Gesundheits- und Pflegebranche spielt das Thema Robotik, Big Data, künstliche Intelligenz sowie die Öffnung zu freien Schnittstellen und der Zusammenarbeit mit Plattformen eine neue Rolle. Damit sind Ängste und Sorgen verbunden, weil wir uns Gedanken um die persönlichen Belange der Menschen machen müssen.
Was bedeutet das für die Art und Weise der fachlichen Lehre, die Sie an der quatraCare abbilden?
Die digitale Bildungswelt bietet zahlreiche Vorteile! Lernen und Lehren unter Einsatz digitaler Medien und Industriezweigen ermöglicht, immer mehr Menschen an Bildung teilhaben zu lassen. Das schafft potenziell mehr Chancengleichheit und somit bessere Ausgangsvoraussetzungen für einen erfolgreichen Lebens- und Arbeitsweg.
Auf die Lehre übertragen bedeutet dies, dass wir das Lehrmaterial und die Unterrichtsmethoden zunächst anpassen müssen. Informationen und Lehreinheiten müssen schnell und online verfügbar sein und bei Bedarf flexibel zum Einsatz kommen. Knowhow zwischendurch, bekommt eine große Bedeutung und muss von überall und immer sofort abrufbar sein.
Zwar benutzen viele Menschen täglich das Internet, doch ihnen fehlen die Qualifikationen, dieses Hobby in einen Beruf zu verwandeln. Surfen allein reicht eben nicht. Wer in der Digitalisierung mitspielen möchte, braucht eine handfeste Ausbildung. Deswegen ist nicht zu vernachlässigen wie wir die Stärkung der Medienkompetenz der User erreichen. Die Bewertung der Inhalte und die Frage nach der Seriosität sind enorm wichtig. Aber auch die Kompetenz im Umgang mit Daten, Urheberrechten, Datenschutz und Sicherung von Zugängen zu Daten müssen implementiert werden. Dieses steht täglich auf unserer Agenda.
Wird die quatraCare digitalisierte Lernformen im Unternehmen implementieren?
Zum Teil machen wir das schon jetzt, wenn es inhaltlich sinnvoll ist und zum Unterrichtsthema passt. Wir werden immer auch klassischen Unterricht anbieten – die Frage ist für uns, was können und müssen wir fachlich durch digitalisierte Abläufe aufwerten und wie bereiten wir unsere Teilnehmenden auf die zukünftige Arbeitswelt und Selbstlernkompetenz gut vor. Unser aktueller Plan ist zunächst, digitale Medien in die, nach Hamburger Landesrecht seit 2007 etablierte „generalistisch gelebte“ Pflegeausbildung mit einer hohen Durchlässigkeit für die Fachpflege zu ermöglichen.
Angesprochen sind bildungsferne Zielgruppen in Erstausbildung und Umschulung. Ferner sollen die interkulturelle Kompetenz und die Eigeninitiative der Auszubildenden und Umschüler gefördert sowie die Didaktik der in Zukunft folgenden generalistischen Pflegeausbildung in Aus- und Weiterbildung im Bereich Alten- und Krankenpflege erweitert werden. Anhand motivierender Lernspiele und mittels digitaler Endgeräte, soll die Möglichkeit eröffnet werden, schulisch erworbenes Wissen u. a. unter Einsatz pflegespezifischer Lernsoftware praxisnah im Unterricht in der Gruppengemeinschaft zu simulieren. Klassische Arbeitswelten der Gesundheitsbranche auf Basis mehrerer Handlungsoptionen sollen dabei digital erprobt werden.
Der Fokus hierbei liegt auf komplexen, authentischen Szenarien, die Arbeitsprozesse in der beruflichen Pflegeausbildung realitätsnah abbilden. Der innovative Ansatz besteht meiner Meinung nach darin, die technischen Herausforderungen eines Umschulungsträgers mit den Bedürfnissen der Teilnehmenden und Lehrenden realistisch und zukunftsgerichtet zu integrieren. Erreicht werden die Ziele zum einen durch die Qualifizierung der Ausbildenden und Umschüler in der Nutzung und dem didaktischen Einsatz unterschiedlicher digitaler Medien. Zum anderen müssen die Auszubildenden lernen, ihr Pflegewissen und ihre Pflegeerfahrungen systematisch digital zu erfassen, zu verwalten, in einer digital gestützten Community of Practice gemeinsam selbstorganisiert kontinuierlich zu erweitern und zu teilen.
Die Lernenden sollen dabei individuell in ihren Lernprozessen begleitet und bei der Reflexion der Lernerfahrung unterstützt werden. Die Lehrkräfte der quatraCare Gesundheitsakademie werden hierbei in Zukunft durch einen digital manager ständig begleitet und gecoacht werden müssen. Dabei denke ich auch an die wissenschaftliche " Begleitung", hierzu stehe ich bereits in Gesprächen mit Berufsakademien und Hochschulen.
Vielen Dank! Für die Zukunft wünschen wir Ihnen viel Erfolg!